Wann entfällt der Honoraranspruch des Zahnarztes? Die Fachanwältin für Medizinrecht Isabel Bals aus Köln berichtet heute über die Rechtslage im Zahnarzthaftungsrecht.
Im Zahnarzthaftungsrecht gilt die Besonderheit, dass der Patient die Vergütung für eine aufwendige zahnprothetische Leistung oft aus eigener Tasche bezahlen muss. Vielmals wird mit den Patienten eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen. Treten dann Probleme auf, weil der Zahnersatz nicht passt oder Beschwerden verursacht, entstehen oft Streitigkeiten über die Höhe der geschuldeten Zahlung oder die Rückforderung des bereits gezahlten Honorars.
Oft sind Patienten zunächst im Unklaren über das dem Zahnarzt grundsätzlich zustehende Nachbesserungsrecht. Hier gilt: Gelingt es dem Zahnarzt in einem angemessenen Zeitraum nicht, den Zahnersatz beschwerdefrei einzusetzen, ist der Patient berechtigt, den Zahnarzt zu wechseln. Der Abbruch der „Nachbesserungsbehandlung“ setzt immer voraus, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht mehr zu retten ist. Wann dies der Fall ist, hängt natürlich von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Regel kann man sagen, dass dem Patienten bei einer Nachbesserungszeit von 6 - 8 Wochen ohne eindeutige Besserungstendenz eine weitere Behandlung nicht mehr zuzumuten ist. Der geplante Wechsel sollte immer vorab mit der Krankenkasse abgesprochen werden.
Vorsicht ist geboten vor dem Beginn der Weiterbehandlung bei einem anderen Zahnarzt. Fast immer wird nämlich im späteren Prozess der Einwand erhoben, der Fehler läge beim Nachbehandler. Der Grund: Die Beweislast dafür, dass dem ersten Zahnarzt ein Fehler vorzuwerfen ist, liegt regelmäßig beim Patienten. Daher sollte der Patient mit der Nachbehandlung erst beginnen, wenn die Kostenübernahme bzw. Kostenrückerstattung durch den Vorbehandler abschließend geklärt ist.
Oft liegt die Problematik jedoch darin, dass die Nachbehandlung unaufschiebbar ist. Auch eine vorläufige Schmerzbehandlung hat ihre Grenzen. Die verbindliche Beurteilung eines Behandlungsfehlers ist nur durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten möglich. Theoretisch bestünde für den Patienten die Möglichkeit, den mangelhaften Zustand des Zahnersatzes im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens zeitnah und verbindlich klären zu lassen. In der Praxis zieht sich allerdings auch das Eilverfahren für den schmerzgeplagten Patienten unerträglich lange hin. Hier kann dem Patienten zu raten sein, ein privates Sachverständigengutachten einholen zu lassen und mit dem Zahnarzt über eine gütliche Einigung zu verhandeln. Scheitert dies an der Uneinsichtigkeit oder Hartleibigkeit des Zahnarztes, ist das positive Privatgutachten leider keine Garantie für einen erfolgreichen Prozessausgang.
Gelingt es dem Patienten vor Gericht nachzuweisen, dass die prothetische Versorgung Mängel aufweist, kann der Patient die Kosten für die Beseitigung dieser Mängel vom Zahnarzt verlangen. Dies gilt natürlich erst dann, wenn das Nachbesserungsrecht des Zahnarztes erloschen ist. Auch ein Schmerzensgeld steht dem Pateinten dem Grunde nach zu.
Alternativ kann der Patient nach der überwiegenden Meinung in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung auch eine Rückzahlung des Zahnarzthonorars fordern. Hierfür muss der Zahnersatz jedoch für den Patienten komplett unbrauchbar sein. Für ein Wahlrecht des Patienten hat sich zuletzt das Kammergericht Berlin (Beschl. v. 1.7.2010 – 20 W 23/10, GesR 11, 2010, 610) ausgesprochen, schon aus praktischen Gründen: „Da der Patient keine Vorschussklage für die Neuversorgung erheben kann, würde er ohne den Rückforderungsanspruch ggf. aus finanziellen Gründen an einer Neuversorgung gehindert, wenn ihm hierfür keine liquiden Mittel zur Verfügung stehen.“ Autor (ViSdP): Isabel Bals, Rechtsanwältin, 50931 Köln
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